Gwana flieht 2015 mit ihren Eltern und Brüdern aus Syrien. Als die Familie in Deutschland ankommt, spricht niemand von ihnen Deutsch. Mit einem Deutsch-Arabischen Wörterbuch paukt Gwanas Mutter von nun an jeden Tag mit ihr Vokabeln. Damals ahnt sie noch nicht, was für eine große Leidenschaft für die deutsche Sprache ihre Tochter schon wenig später entwickeln wird.
Heute, nur fünf Jahre später, spricht die 18-jährige Schülerin des Gymnasiums Hohenlimburg in Hagen fließend Deutsch, arbeitet in der Redaktion der Schülerzeitung mit und besucht einen Deutsch-Leistungskurs. Aber nicht nur das. Gwana hat sich einen großen Traum erfüllt und einen ganzen Roman (auf Deutsch!) geschrieben. Er ist autobiographisch und erzählt Fluchtgeschichten – Geschichten über den Krieg in Syrien, aber auch das neue Leben in Deutschland und den langen Weg des Ankommens in der neuen Heimat. Der Roman soll ein Geschenk für ihre Mutter werden. Sie wird die erste sein, die ihn zu lesen bekommt.
„Schreiben war für mich sozusagen zeitweise die Flucht zurück nach Syrien."
Neben ihrem Roman schreibt Gwana auch Gedichte und Tagebuch. Das Schreiben ist ihre große Leidenschaft und Kraftquelle. Seit sie in Deutschland lebt noch mehr als zuvor. Hier ist das Schreiben zu ihrem Weg geworden abzuschalten, ihr Heimweh zu verarbeiten und zu erinnern: „Schreiben war für mich sozusagen zeitweise die Flucht zurück nach Syrien“, erzählt sie lächelnd.
Auch wenn ihre Flucht nicht so gefährlich war, wie die vieler anderer, so berichtet Gwana, ist sie dennoch eine prägende Erfahrung für die damals erst 13-Jährige. Den Weg von ihrem Heimatort in die Türkei legt Gwanas Familie im Auto zurück. Gwana muss sich unter einer Burka „verstecken“. Von der Türkei aus geht es dann per Flugzeug nach Deutschland. Für Gwana kommt die Flucht unerwartet: „Man wird einfach dort herausgerissen und irgendwo anders reingesetzt.“ Der Neuanfang in Deutschland ist für sie deshalb anfangs sehr schwer. Aber rückblickend sagt sie, dass die Flucht auch etwas Gutes hatte. Sie muss schnell viel Neues lernen und selbstständig werden, nicht zuletzt um ihre Familie bei Behördengängen oder Übersetzungen zu unterstützen.
„Wenn ich keinen Talentscout hätte, wäre ich niemals auf diesem Weg zum Beispiel an ein Praktikum gekommen. Oder ich hätte alleine zumindest doppelt so viel Zeit gebraucht!"
Seit 2018 bekommt dann auch Gwana Hilfe im Alltag durch ihren Talentscout Max Ammareller. Von nun an weiß sie, „dass es einen Menschen gibt, den man immer nach Sachen fragen kann.“ Das gibt ihr ein sicheres Gefühl und bedeutet ihr viel. Die Unterstützung von Max Ammareller bringt sie sowohl im Alltag als auch bei der Zukunftsplanung weiter: „Wenn ich keinen Talentscout hätte, wäre ich niemals auf diesem Weg zum Beispiel an ein Praktikum gekommen. Oder ich hätte alleine zumindest doppelt so viel Zeit gebraucht!“ Aufgrund ihrer Zuwanderung nach Deutschland, kennen ihre Eltern sich nicht gut mit dem deutschen Bildungssystem aus. „Meine Eltern unterstützen mich immer. Aber Eltern können vor allem bei den Sachen nicht gut helfen, die sie nicht erlebt haben. Es ist super mit dem Talentscout eine erwachsene Person zu haben, die das alles schon einmal erlebt hat, zum Beispiel ein Studium in Deutschland“, erzählt Gwana.
„Träume haben mich dazu gebracht, Ziele zu haben!"
Sie ist froh, dass sie mit ihrem Talentscout Max aber nicht nur organisatorisch, sondern auch mental eine langfristige Unterstützung hat. Ohne seine Ermutigung, stellt sie fest, hätte sie sich nicht ein zweites Mal für das RuhrTalente-Schülerstipendium beworben und es am Ende erhalten, auch wenn sie schon vor der Begegnung mit Max sehr optimistisch und zielstrebig war.
So hat Gwana auch über ihre berufliche Zukunft schon eine ziemlich genaue Vorstellung. Sie möchte einmal Jura studieren, am liebsten Internationales Recht. Denn es ist ihr Traum, irgendwann zurück nach Syrien zu gehen, „um das Kaputte wieder aufzubauen“. „Träume“, so hält sie strahlend fest, „haben mich dazu gebracht, Ziele zu haben!“. Sie beobachtet, dass wie sie viele junge Menschen aus Syrien wieder zurück in die Heimat wollen, um ihr Zuhause wiederaufzubauen. Sie betont aber zugleich wie dankbar sie Deutschland ist und dass sie dem Land, das sie aufgenommen hat, etwas zurückgeben möchte, solange sie hier lebt. Das ist ihr sehr wichtig.
Gwanas größtes Ziel (und ihre vielleicht größte Motivation) ist die Verbesserung der Frauenrechte. Neben den Konflikten zwischen Kurden und Arabern und dem Krieg sind es die Diskriminierungen von Frauen in ihrem Heimatland, die Gwana schon früh miterlebt hat: „Schon als Kind habe ich viel Ungerechtigkeit gegenüber Frauen gesehen und deshalb eine ziemlich genaue Vorstellung davon wie Gerechtigkeit aussehen muss“, erzählt sie.
„Frauen haben eine Stimme und ich will ihnen in Zukunft helfen, diese Stimme hörbar zu machen!"
Mit viel Nachdruck stellt sie fest: „Frauen haben eine Stimme und ich will ihnen in Zukunft helfen, diese Stimme hörbar zu machen!“ Gwana spricht Kurdisch, Deutsch, Englisch, Arabisch und auch etwas Französisch. Sie hofft, dass ihre Mehrsprachigkeit und ihr offenes Wesen ihr helfen werden, in Zukunft vielen Frauen als Identifikationsfigur und Ansprechpartnerin zu dienen.